Leben auf gepackten Koffern: Lesung zu ehren Siegfried Pitschmanns
MÜHLHAUSEN. Am 12. Januar wäre der Thüringer Autor Siegfried Pitschmann 90 Jahre alt geworden. Mühlhausen und Neubrandenburg ehren ihn mit Lesung und Film
Brigitte Reimann und Siegfried Pietschmann 1962
Foto: Aufbau-Verlag / OTZ
Dass das Fragment posthum noch Eingang in den Fundus der DDR-Literatur gefunden hat, ist seiner Biografin Kristina Stella zu verdanken, die zuvor bereits den Briefwechsel zwischen Pitschmann und Brigitte Reimann veröffentlichte (Aisthesis Verlag). Stella hat auch über Pitschmanns Jahre in Mühlhausen geschrieben und wird morgen in der Jakobikirche auf einer vom Mühlhäuser Geschichts- und Denkmalverein ausgerichteten Veranstaltung anlässlich seines 90. Geburtstages Leben und Werk des Autors vorstellen.
„Stets ein bisschen wie auf gepackten Koffern lebend“ – so das Motto der Lesung von weniger bekannten Texten, zu der dessen ältester Sohn, Thomas Pitschmann, erwartet wird. Siegfried Pitschmann lebte auch in Petzow, viele Jahre in Rostock und bis zu seinem Tod in Suhl. 2002 wurde er auf dem Mühlhäuser Friedhof beigesetzt.
Auch das Literaturzentrum Neubrandenburg erinnert aus gegebenem Anlass an den zeitweiligen Lebensgefährten Brigitte Reimanns. Für den 12. Januar, den Geburtstag des Autors, ist dort ein Film- und Gesprächsabend geplant. Gezeigt wird der Defa-Streifen „Leben mit Uwe“ aus dem Jahr 1973; der Film geht auf eine Erzählung Siegfried Pitschmanns zurück.
Pitschmann hatte sich in den 90er-Jahren nach Suhl zurückgezogen und in Gesprächen mit Marie-Elisabeth Lüdde sein Leben und seine Ehe mit der Reimann bilanziert. Die Erinnerungen erschienen 2004 im Weimarer Wartburg-Verlag.
Eine Reise mit Siegfried Pitschmann, Vortrag und Lesung: Mittwoch, 8. Januar, 19.30 Uhr, Jakobikirche Mühlhausen
Brigitte Reimann lebt in Burg weiter
25.07.2019
Das Duo Schneewittchen mit Thomas Duda am Keyboard und Marianne Iser am Mikrofon. Foto:Thomas Skiba
Zahlreiche Künstler haben bei der Altstadt-Lesenacht in Burg an Brigitte Reimann erinnert. Das sorgte für einen Gästeansturm.
Von Thomas Skiba
Burg l Vor kurzem stand Burg ganz im Zeichen „der Reimann“. Die Burger Schriftstellerin Brigitte Reimann (1933 bis 1973) fand ihre letzte Ruhe mit der Umbettung der Urne von Oranienbaum auf den Burger Ostfriedhof. Dann folgte die Burger Altstadt-Lesenacht im Garten der nach ihrer benannten Stadtbibliothek– es war die neunte. Und es war auch der Geburtstag von Brigitte Reimann, die an dem Tag 86 Jahre alt geworden wäre. Ihr zu Ehren setzte die Altstadt-Lesenacht genau an dem an, was Reimann hinterlässt, wofür sie Saat auswarf: Reimanns Erben. Ihr Geist blieb schon immer hier und beseelte die Gedanken vieler Autoren.
Viele Poeten kamen auch dieses Mal zusammen. Fünfzehn Schreibkünstler lasen aus der Anthologie „Reimanns Erben – Tatsächlich leuchtet der Himmel grün“ eigene Texte. Doch bevor das Buch aufgeschlagen und das Mikrofon eingeschaltet wurde, entblößten die Bibliotheksmitarbeiter das Gebäude von allen Stühlen. „Auf solchen Gästeansturm waren wir nicht gefasst“, äußerte Bücherei-Chefin Stefanie Obieglo verblüfft. Erstmals moderierte Edeltraut Schimansky die Veranstaltung, die auf den unruhigen Geist der Brigitte Reimann hinwies und selbst in ihrem Tod immer noch durch den ihr innewohnenden Widerspruch auffalle. Dieser Kontrast im Denken, Schreiben und Leben gefiel den meisten hier in der Ihlestadt nicht, denn: „Nichts wies lange auf Brigitte Reimann hin“, haderte Schriftstellerin Dorothea Iser.
Reimann wiederbeleben
Dabei wuchs „die Reimann“ in Burg auf, ging hier zur Schule, setzte die ersten Fußabdrücke ins Leben. Das änderte sich 2013, so Iser, „durch das regelmäßige Gedenken ihres Geburtstages und auch an ihrem Todestag.“ Die Reimann, so sagt sie, haben wir wieder in das Burger Bewusstsein geholt! Iser spricht die Anthologie an. Kinder sind dabei, so sagt sie, eine Studentin, ältere Leute haben dafür geschrieben, „das muss man erstmal machen.“ Iser bricht nicht nur eine Lanze für Brigitte Reimann, nein, sie setzt sich für das Schreiben an sich ein: „Wir schreiben nicht in dem Bezug auf Reimann, sondern –wir schreiben im Bezug auf den Anspruch der Reimann.“
Bilder
Das Buch umfasst Texte von 40 Autoren. Günter Hartmann schrieb Aphorismen, die sich vor dem jeweiligen Text wiederfinden und Fotograf Rolf Winkler bebilderte die Zwischenräume als Bindeglied zu den Beiträgen der Künstler. „Die Reimann hat widersprochen, hatte Power, sie war nicht brav“, ruft Iser und appelliert an Gäste wie Autoren gleichermaßen, „wenn wir davon heute ein wenig erleben, dann bin ich froh.“
Autoren als lebendiges Erbe
Reimanns Erben gibt es auch musikalisch. Das Duo Schneewittchen mit dem Keyboarder Thomas Duda und der Sängerin Marianne Iser sangen über Liebe, Freiheit und die Sehnsucht danach, „die sich nie besiegen lässt.“
Moderatorin Edeltraut Schimansky ging mit Faserstift und A3-Blättern von Gast zu Gast: „Es wird eine Sandwich-Geschichte“, so die Autorin. Jeder schreibe einen Satz, der nächste liest ihn und denkt darüber nach, „philosophiert und überlegt“, dann wird der Satz des Vorgängers zugefaltet, übrig bleibt die eigene Aussage und die liest dann der nächste, und so weiter… Sie sei gespannt, was sich daraus entwickle, sagt Schimansky.
Die Vorsitzende des Verbands deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller – Landesverband Sachsen-Anhalt, Renate Sattler, war zu Gast bei der neunten Altstadt-Lesenacht: „Hier, wo sie aufwuchs, lebte und wirkte, wird ihr Erbe bewahrt.“ Das lebendigste Erbe seien die Autoren, „die das Werk von Brigitte Reimann in die eigene literarische Tradition aufgenommen haben und diese an die nächste Generation weitergeben.“
Volksstimme.de
BRIGITTE REIMANN
Ein Kreis schließt sich in Burg
22.07.2019
Mehrere Redner, darunter Dr. Margrid Bircken am Pult, erinnerten am Sonnabend während der Beisetzung an das Lebenswerk von Brigitte Reimann. Foto: Mario Kraus
46 Jahre nach ihrem Tod findet Schriftstellerin Brigitte Reimann in Burg ihre letzte Ruhe. Die Urne wurde umgebettet.
Von
Burg l In feierlichem Rahmen und begleitet von Saxophon-Klängen des Musikers Heinz Schöpke wurde die Urne am Sonnabend in Burger Erde gelassen. Im Schatten der mächtigen Fichten und umliegenden Baumgräber ist Reimann wieder nach Burg zurückgekehrt. „Hier ist sie geboren, hier soll sie nun weiter ruhen“, sagte Bruder Ulrich Reimann in bewegenden Sätzen. Er dankte der Stadt Burg und vielen weiteren Akteuren für die Zeremonie und dafür, dass das Andenken an Brigitte Reimann auch mit dem Grab bewahrt bleibe.
Zuvor hatten mehrere Redner das Leben und Schaffen der rastlosen Schriftstellerin gewürdigt. Vize-Bürgermeister Jens Vogler verwies in diesem Zusammenhang auf den großen und für seine Deutlichkeit bekannten Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, der ein treffendes, so sogar ausnahmslos lobendes Urteil über die 1997/98 erschienenen Tagebücher Reimanns fällte. Ranicki sagte: „Ich kann mich nicht erinnern, das Buch einer Frau in deutscher Sprache gelesen zu haben, in dem die Sehnsucht nach Liebe mit einer solchen Sinnlichkeit und Intensität gezeigt wurde …“
Leben wie im Galopp
Auf diese Charakterzüge und ihren Werdegang ging auch Dr. Margrid Bircken vom Vorstand der Birgitte-Reimann-Gesellschaft ein. Sie erinnerte daran, dass sich die Reimann oftmals „wie ein Pferd im rasenden Galopp“ getrieben fühlte, wobei der große Drang, unbedingt schreiben zu wollen, „all ihre Lebenslagen prägte“. Immerhin beschloss sie bereits mit 14 Jahren, Schriftstellerin zu werden, erste Stücke konnte sie mit 18 Jahren veröffentlichen. „Sie erlebte früh Anerkennung und Förderung und zugleich Missgunst und Neid“, so Bircken, die auf einzelne persönliche Etappen, mehrere Ehen einging und den Bogen zu ihrem wohl bekanntesten Roman „Franziska Linkerhand“, der auf Grund ihrer Krebserkrankung unvollendet blieb, schlug. „Hier in Burg hat alles angefangen, hier endet ihr leiblicher Weg, aber ihre Literatur wird bleiben“, betonte Bircken.
Bilder
Das unterstrich auch die Niegripper Schriftstellerin Dorothea Iser. Von Brigitte Reimann bleibe Erinnerung und Herausforderung. „Ich glaube, dieser Widerspruch würde ihr gefallen“, sagte Iser, die anlässlich des 86. Reimann-Geburtstages auf die Altstadt-Lesenacht verwies, zu der am Sonntagabend viele Autoren und Interessierte eingeladen waren und die im Zeichen der Schriftstellerin Brigitte Reimann stand.
Grabstein folgt
Mit ganz persönlichen Worten wandte sich ein Weggefährte aus Schulzeiten, Prof. Karl-Heinz Tempelhof, an Brigitte Reimann. Er grüßte im Namen der Ehemaligen aus „der alten Penne“ und hieß sie in den heimatlichen Gefilden willkommen.
Das Grab von Reimann ziert auch die Platte mit der handschriftlichen Inschrift der Autorin. Im Spätherbst soll auch ein Stein aufgestellt werden. Der ist bereits vom Burger Steinmetzbetrieb Patté fertiggestellt worden und dient derzeit als Ausstellungsstück auf der Bundesgartenschau (Buga) in Heilbronn (Baden-Württemberg). Der 250 Kilogramm schwere Koloss war ursprünglich nicht für Reimann konzipiert, aber passe in der Gestaltungsform genau zur Person. Er wurde für eine Frau entworfen, die ihre Mitmenschen durch ihre unbändige Kraft und Lebensfreude beeindruckt. Das treffe auf Brigitte Reimann zu.
Schlagwörter zum Thema: Literatur | Schriftsteller | Brigitte Reimann | Burg |
Am Sonntag, dem 01. Mai 2019, um 11 Uhr eröffnete die
9 Positionen – Ausstellung im Energiefabrik Knappenrode
„9 Positionen“ – Ausstellung moderner Kunst in der Energiefabrik Knappenrode
Am Sonntag, dem 01. Mai 2019, um 11 Uhr eröffnete die Energiefabrik Knappenrode in der einstige Waschkaue von Brikettfabrik und Kraftwerk Werminghof eine Ausstellung „9 Positionen“ mit Arbeiten der Senftenberger Künstlergemeinschaft 09. 10 Mitglieder jener Freizeit-Maler-Gemeinschaft beteiligten sich mit Gemälden, Zeichnungen; aus Ton geformten bemalten Figurinen , künstlerischen Wandgestaltungen und dekorativ gestalteten Arbeiten eine Schmuckgestalterin.
Ullrike Söhnel – Ausstellungseröffnung im Hoyerswerdaer Seenland-Klinikum
Ausstellungsjahr in der Galerie am Lausitzer Seenland Klinikum hat begonnen
Die Galerie in der geriatrischen Tagesklinik des Lausitzer Seenland Klinikum (LSK) eröffnete vorgestern die erste Ausstellung des Jahres 2019 mit Werken von Ullrike Söhnel aus Ohorn. Über 40 Radierungen und Holzschnitte, aber auch Collagen, Ölgemälde, Tuschezeichnungen und Aquarelle in ausgeglichenen Farben werden noch bis zum 16. Juni gezeigt. Die Chefärztin der geriatrischen Tagesklinik, Dipl.-Med. Michaela Stöckel dankte dem Hoyerswerdaer Kunstverein, der seit nunmehr schon zwei Jahren aktiv die Vorbereitung aller Ausstellungen unterstützt.
Unterhaltsamer Swing auf dem Saxophon, gespielt vom künstlerischen Leiter der Musikschule Hoyerswerda Klaus-Peter Haselbauer und Gedichte von Fontane, die das Kunstvereinsmitglied Helene Schmidt vortrug, stimmten die vielen Gäste der Vernissage aus der Region und sogar aus Dresden auf die Bilder ein. Der Bischofswerdaer Bernd Warnatzsch, derUllrike Söhnel und ihre Kunst seit Jahrzehnten kennt, sprach in seiner Laudatio von den vielen künstlerischen Techniken, die sie nutzt, um ihre gewählten Motive eindrucksvoll darzustellen. Immer wieder entdeckt die Malerin unter Verwendung von Radiernadeln, Pinseln, Stahlfedern oder dem Holzschnittmesser ihre Umwelt neu, sagte Bernd Warnatzsch.
Viele der ausgestellten Bilder sind an ruhigen Orten in Kreta, den Alpen oder in Italien entstanden, erzählte Ullrike Söhnel.Die Toskana besuchte sie mehrfach als Gast mit der Malschule einer Freundin, um die sommerlichen Stimmungen dieser Region am Mittelmeer mit ihrem besonderen Licht auf Papier festzuhalten. Mediterrane Landschaften, uralte, langsam verfallende Ruinen und schmale Gassen in kleinen Städtchen fanden ihr Interesse. Dargestellt hat sie diese Sehnsuchtsorte meist als Aquarelle in hellen Farben oder als Radierungen, die den Betrachter förmlich einladen, mit den Augen darin herumzuwandern. Ullrike Söhnel malte auch mit dem Radeberger Künstler Rolf Werstler, dessen Zeichenzirkel sie seit Jahrzehnten besucht, im Polenztal in der Sächsischen Schweiz. Mit der Hoyerswerdaer Malerin Gudrun Otto entdeckte sie ihre Heimat, die Oberlausitz. Am Bernsteinsee bei Burghammer und an den Warthaer Teichen waren die Freundinnen vor einigen Jahren unterwegs, erzählte Ullrike Söhnel. Draußen habe sie damals viele Skizzen erarbeitet und aus den schönsten entstanden später im Atelier zarte Aquarelle, die den Reichtum der verwundbaren Natur zeigen.
„Sieben Scheffel Salz“- ein Hörspiel von Brigitte Reimann und Siegfried Pitschmann aus dem Jahr 1960
Man muss sieben Scheffel Salz miteinander gegessen haben…
Hörspiel aus dem Jahr 1960 von Brigitte Reimann und Siegfried Pitschmann
Im April 1960 herrschte großer Jubel, Lachen und Weinen bei Brigitte Reimannund Siegfried Pitschmann in der Liselotte Herrmann-Straße 20 in Hoyerswerda. Im Tagebuch von Brigitte Reimann ist nachzulesen, dass ihr beider Hörspiel„Sieben Scheffel Salz“ bei einem Internationalen Hörspielwettbewerb als Bestes aus einer nationalen Auswahl erwählt wurde, Lohn für Entmutigungen und Entbehrungen, dotiert mit 4000 DM.
Unter der Regie von Theodor Popp war das Hörspiel beim Rundfunk der DDR produziert worden und 2010, nach genau 50 Jahren wurde es in der Reihe „Vor fünfzig Jahren“ vom Deutschlandradio Kultur erneut gesendet.
Für eine Gesprächsrunde des Hoyerswerdaer Kunstvereins zum 46. Todestag von Brigitte Reimann am 20. Februar 2019 in der Reimann-Begegnungsstätte wurde dieses Hörspiel zum Thema gewählt. Die beiden Autoren vergleichen die gemeinsame Arbeit mit einer Ehe, man ist sich über das Ziel einig, aber um die kleinste Formulierung wird zäh und erbittert gestritten.
Erzählt wird eine Geschichte aus der Aufbauzeit des Kombinats Schwarze Pumpe. Vertraut für viele Anwesende war die Atmosphäre der Baustelle des Kombinates, in dem die Arbeit in einer Rohrleger-Brigade sehr authentisch wiedergegeben wird. Diese Authentizität kommt nicht von ungefähr, denn Brigitte Reimann arbeitete entsprechend dem „Bitterfelder Weg“ ein Mal pro Woche selbst in einer solchen Brigade in Schwarze Pumpe und Siegried Pitschmann hatte über mehrere Jahre hier seinen Unterhalt als Betonarbeiter verdient. Mit dem Bitterfelder Weg sollte den Arbeitern der Zugang zur Kultur dadurch geebnet werden, dass die Schriftsteller selbst vor Ort in der Produktion tätig waren. Ob es gelungen ist?
Dem Hörspiel „Sieben Scheffel Salz“ kann man eine solche Wirkung durchaus zutrauen. In eine Rohrleger-Brigade, die als „Gammelbrigade“ bekannt war, kommt ein „alter Neuer“ zurück, vorher war er Mitarbeiter wie alle anderen auch, jetzt ist er der frisch qualifizierte Meister Wolfgang Bauer, der Fleiß und Pünktlichkeit einfordern will. Die Konflikte bleiben nicht aus. Die einen versuchen sich anzubiedern, andere tun nach wie vor ihre Arbeit oder auch nicht, andere begegnen ihm mit offener Feindschaft. Zu diesen zählt Manfred Kirschgarten, genannt Kirsche. Dessen Freundin, Ruth Siebenhaar, ist die überlegene heitere Mitte der Erzählung, sicher ganz nach dem Geschmack von Brigitte Reimann. Das geschilderte Brigadeleben spielt sich beim Verlegen und Reparieren von Rohrleitungen ab, in den Pausen, in den Arbeiter-Wohnunterkünften und bei den Einstandsbesäufnissen. Natürlich kommt es hier zu einer Schlägerei zwischen Wolfgang und Kirsche, die beide ziemlich demoliert beenden, Ruth zeigt wenig Verständnis. Kirsche will unter allen Umständen, dass Wolfgang wieder verschwindet, Ruth, seine Hexe, soll ihm dabei helfen, indem sie Wolfgang verführt und bloßstellt. Doch es kommt anders. Ruth begreift, dass Wolfgang weiter denkt, dass er einen Weg gegangen ist, den Kirsche gern selbst gegangen wäre, aber nicht geschafft hat, wegen Faulheit und vertaner Stunden bei Mädchen und Alkohol.
Vorarbeit für einen versöhnenden Schluss leistet Antek, der mit den Weisheiten seines Großvaters alle irgendwie nervt, aber damit immer ins Schwarze trifft. Wolfgang, der Angst vor der eigenen Courage hat, empfiehlt er, die Freundschaft zu Kirsche zu suchen: Du kannst nur wirklich jemanden einen Freund nennen, wenn du sieben Scheffel Salz mit ihm gegessen hast, also beginne damit.
Mit freundlicher Genehmigung von Sächsiche Zeitung, Hoyerswerdaer Tageblatt.
TU Dresden will Autoren aus Sachsen und Böhmen bekannter machen
TU Dresden will Autoren aus Sachsen und Böhmen bekannter machen
Schriftsteller begleiten zu jeder Zeit mit ihren Texten Veränderungen in den Regionen, in denen sie leben oder sie entwickeln Visionen für deren Zukunft. So ist das auch in Sachsen, der Lausitz und Böhmen, wo über Jahrhunderte ein literarischer Schatz entstanden ist. Dazu gehören unter anderem die Bücher von Brigitte Reimann, Siegfried Pitschmann und das Werk des Rockpoeten Gerhard Gundermann. Deshalb waren kürzlich drei Mitarbeiter des MitteleuropaZentrums (MeZ) für Staats-, Wirtschafts- und Kulturwissenschaften der Technischen Universität Dresden in Hoyerswerda. Am Projekt beteiligt sind auch die Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden sowie die Technische Universität Liberec, sagte MeZ-Mitarbeiter Viktor Hoffmann in der Brigitte-Reimann-Begegnungsstätte. Geldgeber für die insgesamt 15 Mitarbeiter und die Sachaufwendungen ist der EU. Europäischer Fonds für regionale Entwicklung, genauer das Kooperationsprogramm Sachsen – Tschechische Republik 2014-2020
Geschaffen wird ein Literarisches Informationssystem (LIS), das heißt eine interaktive, digitale Landkarte, auf der Denkmale, Gedenktafeln, Begegnungsstätten und einschlägige Museen in Geburts-, Lebens- und Schaffensorten der Autoren zu finden sind, erklärte Birte Pietsch. Diese werden mit Daten zu den Personen und ihren Werken auf deutsch und tschechisch hinterlegt. Sie erzählte von einer Exkursion nach Böhmen bei der sie unter anderem erfuhr, dass der dänische Dichter Karl Gjellerup dort Texte geschrieben hat. Der in Dresden geborene Volker Braun hat vor seinem Literaturstudium im Tagebau Burghammer gearbeitet und darüber das Buch „Kipper Paul Bauch“ verfasst. Je 50, auch unbekanntere Autoren, die in Sachsen und Böhmen tätig waren oder sind, bilden den Grundstock des LIS, an deren Erweiterung sich nach der Freigabe Ende 2019 Nutzer beteiligen können. Zielgruppen sind Touristen, Studenten, Schüler und ihre Lehrer, die dadurch mehr vom kulturellen Reichtum der Grenzregion erfahren, so Birte Pietsch. Das MeZ will im Sommer mit Lehramtstudenten für Germanistik in Dresden ein Seminar zum digitalen Lernen und zur Nutzung außerschulischer Lernorte durchführen. Dabei wird Lehrmaterial zu einzelnen, auf der Karte verzeichneten Schaffensorten der Autoren erarbeitet, sagte die MeZ-Mitarbeiterin. Vor allem sollen Pädagogen später leichter fachübergreifende Schülerexkursionen vorbereiten können, die die Identifikation der Jugend mit ihrer Heimat verbessern. Um dieses Ziel zu erreichen, werden auch dem Landesamt für Schule und Bildung Sachsen entsprechende Lehrerfortbildungen angeboten.
In der Begegnungsstätte erzählten der Vorsitzende des Hoyerswerdaer Kunstvereins Martin Schmidt und seine Frau Helene von Brigitte Reimann und Siegfried Pitschmann, die den Aufbau der Neustadt und des Kombinates Schwarze Pumpe in den 1960er Jahren miterlebt haben und darüber ihre Bücher schrieben. Als Martin Schmidt vom Parabelring-Projekt des Kunstvereins aus dem Jahr 2011 sprach, in dem 350 deutsche und sorbische Autoren der Lausitz und ihr Schaffen zusammengetragen sind, freute sich Birte Pietsch mit den Worten: „Das ist ja Gold wert.“ Wer auf der Landkarte Hoyerswerda aufruft, wird Fotos der Gedenktafeln an das Ehepaar Reimann/Pitschmann in der Liselotte-Hermann-Straße 20, an Gerhard Gundermann am Jugendklubhaus Ossi und die Große Liegende finden, versprach die Fotografin des Projektes Fernande Stein.

Kunstverein Hoyerswerda wählt neu

Anspruchsvolles Programm für 2019 schafft Begegnungen mit Künsten und Literatur
Von Christine Neudeck
Vereinen ist es auferlegt, einmal im Jahr Rechenschaft von ihrem Vorstand über die Tätigkeit im Vorjahr einzufordern, was eher einem bürokratischen Akt gleicht. Hinzu kommt, dass je nach Satzungsfrist der Vorstand neu zu wählen ist. Beim Hoyerswerdaer Kunstverein findet diese Vorstandswahl alle zwei Jahre statt.
Alljährlich verbindet man das Nützliche mit dem Interessanten, und so wurde auch die diesjährige Veranstaltung zu einem gelungenen Start in das neue Jahr. Der Vorstand mit seinem Vorsitzenden Martin Schmidt konnte von einem gelungenen Jahr 2018 berichten, an das mit einer großen Vielzahl der angebotenen Themen in einer heiteren Präsentation von Christine Neudeck in Bild und Ton erinnert wurde. Erst in der Zusammenfassung lässt sich erkennen, welcher Reichtum des Wissens in Sachen Kunst, Literatur und Politik vom Kunstverein dieser Stadt vermittelt wird. Schriftsteller aus allen Jahrhunderten kommen zu Wort und jüngere Autoren stellen ihre Bücher persönlich vor, lesen auch jeweils vor Schülern der Gymnasien unserer Stadt. Kunstausstellungen werden besucht und Ausstellungen im Klinikum Hoyerswerda gleich selbst vorbereitet. Geschichte und Geschichten von Stadt und Land kommen nicht zu kurz; musikalisch-literarische Matineen würzen die Sonntage und „Fürst Pückler“ ist unterhaltsamer Dauergast in Hoyerswerda. Nicht zu vergessen sind die unzähligen Gäste, die Martin Schmidt mit Angela Potowski und Helene Schmidt auf den Spuren von Brigitte Reimann durch die Stadt führt.
Unter diesem hohen Anspruch steht auch das Jahr 2019. Es beginnt mit einer Ausstellung zu Dieter Zimmermann (gemeinsam mit der KulturFabrik), wird fortgesetzt mit dem besonderen Konzert zur Jahreswende mit Heidemarie Wiesner, mit Lesungen zu Aitmatow, Jack London, Lessing, Brigitte Reimann, Siegfried Pitschmann, Christa Wolf, B. Traven und Stefan Heym. Angeboten werden Lesungen von und mit bisher unbekannten Autoren wie Eleonora Hummel, Jaroslav Rudis und Ulla Lachauer. Matineen sind im Programm; eine Exkursion zu den Elbhangschlössern, Vorträge von Erich Busse und Manfred Dietrich, Ausstellungen im Klinikum und weitere Reimann-Spaziergänge. Martin Schmidt gebührt der besondere Dank, dass er dieses reichhaltige Programm im Wesentlichen vorbereitet hat.
Zur Rechenschaft gehören neben der „Kunst“ auch die profanen Finanzen. Schatzmeisterin Doreen Poscher und ihre Kassenprüferinnen Barbara Kegel und Ingrid Tempel konnten von einem erfolgreichen Jahr berichten: Aus der Bilanz laut Einkommenssteuergesetz geht hervor, dass 2018 ein bescheidener Gewinn erzielt wurde und somit das Jahr 2019 ohne Schulden begonnen werden kann. Dank von hier aus für die Förderungen durch das Land Sachsen, die den größten Teil der Einnahmen ausmachen. Die Wahl des neuen Vorstandes moderierte Silvia Lohr sehr professionell, sie konnte nach der Wahl den alten Vorstand entlasten und den neuen bestätigen. So ganz nebenbei wurden die Back- und Kochkünste der Frauen gewürdigt, deren „Mitbringsel“ bewiesen, dass literarisch gebildete Frauen auch diese Kunst beherrschen.
Für das neue Jahr wünscht sich der Kunstverein weiterhin ein interessiertes und kritisches Publikum, da bei allen Veranstaltungen der Austausch und das Gespräch einen wesentlichen Schwerpunkt bilden, ganz nach dem Motto von Silvia Lohr, dass man sich Zeit schaffen kann, wenn es einem wichtig genug ist.
Volksstimme.de
Reimann-Wandbild eingeweiht
17.12.2018
Bürgermeister Jörg Rehbaum begrüßte Sonnabend in der Bahnhofstraße viele Gäste aus Deutschland zur Einweihung des Brigitte-Reimann-Giebels. Foto: Martin Anselm
Mit einem Festakt wurde in Burg ein Wandbild von Brigitte Reimann eingeweiht.
Von
Burg l Brigitte Reimann (1933 bis 1973), die bekannteste Schriftstellerin der Stadt, schaut schon seit Ende Oktober auf Burg, nachdem die Mitarbeiter der Potsdamer Firma „Art-efx“ die letzten Sprühdosen an Farbe für die Giebelwand an der Bahnhofstraße 4 verbraucht hatten. Am Sonnabend nun war es an der Zeit, das übergroße Porträt festlich einzuweihen. Vielleicht so, wie es sich die Reimann gewünscht hätte? Unter den Klängen von Jazz-Musik? Ganz bestimmt, denn Warnfried Altmann beherrschte trotz der ersten Minusgrade alle Tonlagen, und viele der Gäste waren sich einig: Das wäre ganz in ihrem Sinne gewesen. Wohl auch, weil die eine oder andere Passage aus ihren bekannten Werken „Die Geschwister“ oder „Franziska Linkerhand“ noch einmal vorgetragen und auf diese Weise Bezüge zum Wandbild hergestellt wurden. Das alles verlieh der Einweihung einen würdigen Anstrich. Auch wenn es letztlich nicht gelungen ist, das Geburtshaus der Reimann an der Nebenfläche des Giebels zu erhalten, ist mit dem Kunstwerk etwas Besonderes entstanden. Und die Art der Gestaltung stehe der Stadt gut zu Gesicht, betonte Dr. Margrit Birken von der Brigitte-Reimann-Gesellschaft. „Es ist etwas Nachhaltiges geschaffen worden.“
Das unterstrich auch der Bruder der vor 45 Jahren verstorbenen Schriftstellerin, der aus Oranienbaum angereist und ein gern gesehener Gesprächspartner war. „Es freut mich, dass sich die Stadt so dem Erbe von Brigitte verpflichtet fühlt und mit diesem Wandbild auf sie aufmerksam macht“, sagte der 76-Jährige der Volksstimme. „Das ist auch für mich ein besonderer Moment.“ Ulrich Reimann fotografierte das Motiv von vielen Seiten und hielt oft allein inne. „Wenn ich das Bild genau betrachte, fehlt eigentlich nur das Buch ,Franziska Linkerhand‘, ihr wichtigstes Werk …“ Aber das, schränkte er schnell ein, solle nicht als Kritik verstanden werden. Und auch die Tatsache, dass das Geburtshaus nicht mehr existiert, sei keineswegs entscheidend. Im Leben der Schrifstellerin spiele es nur eine geringe Bedeutung, sagte Ulrich Reimann.
Open-Air-Fläche geplant
Dennoch strebe die Stadt gemeinsam mit dem Landkreis danach, die Freifläche, die in zwei Grundstücke aufgeteilt ist, künftig als Parkplatz mit Grünfläche gestalten zu können. Die erste Zwangsversteigerung habe zu keinem Ergebnis geführt. „Jetzt hoffen wir auf den nächsten Termin“, sagte Bürgermeister Jörg Rehbaum (SPD), der sich gemeinsam mit vielen engagierten Reimann-Freunden vorstellen kann, daraus eine Art Open-Air-Fläche zu gestalten. „Unter den Augen von Brigitte Reimann könnten hier Lesungen oder andere Veranstaltungen stattfinden“, meinte die Niegripper Schrifstellerin Dorothea Iser.
Das würde auch Jörg Buchwitz, Eigentümer des nun markanten Gebäudes in Burg, freuen. Auf jeden Fall sei der Giebel schon mal ein einzigartiger Hingucker, dem man sich nicht entziehen könne. „Die Arbeit hat sich gelohnt.“
Dem Briefdichter Reiner Kunze auf der Spur
Jeden Tag bringt der Postbote Briefe an den Greizer Sonnenhang 19. Dort wohnt in den 1960er-Jahren der Schriftsteller Reiner Kunze mit seiner Frau. „Jeder Brief wird von den Kunzes sorgfältig beantwortet, meist postwendend“, konstatiert Kristina Stella. „Mit derselben Sorgfalt und Genauigkeit, die seinen literarischen Werken innewohnt, widmet sich der Dichter dem Briefeschreiben, meist mehrere Stunden täglich.“
Stella, die als Mitherausgeberin der Korrespondenz zwischen Kunze und der 1973 an Krebs gestorbenen Autorin Brigitte Reimann selbst im Briefwechsel mit Kunze stand, hat sich auf die Suche nach den „Post-Spuren“ in seinem literarischen Werk gemacht. Dabei kommen sogar Lebensgeschichten ans Licht: Die Spur führt bis nachTschechien, wo Reiner Kunze seine spätere Frau, die Deutschböhmin Elisabeth Littnerová, kennen lernt – eine Briefbekanntschaft! Lange Zeit schreiben sie einander, bis Kunze, der in ihr eine Seelenverwandte sieht, Elisabeth postalisch einen Heiratsantrag macht.
Kristina Stella zeigt, wie gut poetische und briefliche Textproduktion bei Reiner Kunzekorrespondieren und einander befruchten. Zitate Kunzes und Gedichtauszüge bilden den roten, nein, postgelben Faden, der sich durch den gesamten Essay zieht. „Fast ein frühlingsgedicht // Vögel, postillione, wenn / ihr anhebt kommt der brief / mit dem blauen siegel, der dessen briefmarken / aufblühn dessen text / heißt: // Nichts / währt/ ewig“, heißt es im Gedichtband „Brief mit blauem Siegel“.
Oft sind, wenn die Post mit großer Verspätung den oppositionellen Dichter in Greizerreicht, die Siegel erbrochen. Manchen an ihn gerichteten Brief bekommt Kunzeerstmals mit seiner Stasiakte zu Gesicht. „Briefe ihr / weißen läuse im / pelz des vaterlands, wartet, / die post ist / ein kamm!“ schreibt Kunze.
Das selbstverständlich mit gelbem Cover herausgegebene Büchlein in einer nummerierten und signierten Auflage von 500 Exemplaren ist mit individuell gestalteten Briefumschlägen Reiner Kunzes illustriert, die eigene Bildergeschichten erzählen und seit DDR-Zeiten eine Tradition in der Familie Kunze sind.
Kristina Stella: Der Brief als solcher würde sich geehrt fühlen. Reiner Kunze zum 85. Geburtstag, Edition Toni Pongratz, Heft 129, Hauzenberg, 29 Seiten, 12 Euro
Hoyerswerda
Hoyerswerda ist wie gemacht für Bildungsreisen, denn besonders in der Neustadt kann ein Stück ostdeutsche und Weltgeschichte entdeckt werden. Deshalb ist der Verein Helle Panke Rosa-Luxemburg-Stiftung aus Berlin mit 47 Personen zu Gast gewersen. Sie haben sich über die Autorin Brigitte Reimann und den Rockpoeten Gerhard „Gundi“ Gundermann informiert.
Martin Schmidt, Vorsitzender des Hoyerswerdaer Kunstvereins, seine Frau Helene und Angela Potowski brachten den Besuchern die Aufbauzeit der Neustadt in den 1960er-Jahre nahe. Die in der Bauhaus-Tradition stehenden Architekten Richard Paulick und Rudolf Hamburger, die in Shanghai die Zeit des Faschismus überlebt hatten, entwarfen das neue Hoyerswerda. Dessen Entstehen hat Brigitte Reimann miterlebt und der „zweiten sozialistischen Stadt“ mit ihrem berühmten kritischen Roman „Franziska Linkerhand“ ein Denkmal gesetzt, so Martin Schmidt. Viele moderne Wohnungen für die Beschäftigten des Gaskombinates Schwarze Pumpe entstanden, Orte für die kulturelle Betätigung der Menschen gab es aber sehr wenige. Erfolgreich sorgte Brigitte Reimann 1964 für den Aufbau des heutigen Jugendclubhauses „Ossi“ am Rande des Wohnkomplexes I.
Zu diesem Gebäude, das einst nach dem sowjetischen Autoren Nikolai Ostrowski („Wie der Stahl gehärtet wurde“) benannt war und zum Lebenswerk von Gerhard Gundermann sprach das Mitglied der Kulturabrik (Kufa) Reinhard „Pfeffi“ Ständer. Im Ossi hat Gundermann mit der Liedtheatergruppe Brigade Feuerstein von 1978 bis 1989 geprobt und gespielt. In der Kufa erwarteten die Berliner Gäste noch die von Reinhard Ständer in Gundermanns Schaltzentrale zusammengetragenen Informationen über das Leben und die Musik des Rockpoeten.
Die Vorsitzende des Vereins Helle Panke, Birgit Pomorin, erzählte, sie sei im Juni zur Feier des 20. Todestages von Gerhard „Gundi“ Gundermann dabei gewesen und habe beschlossen, mit ihrem Verein für politische Bildung nach Hoyerswerda zu fahren. Die Energiefabrik Knappenrode und Brigitte Reimann komplettierten das Tagesprogramm, um verschiedene Facetten der Stadt kennenzulernen.
Olaf Teßmann, der mit seiner Brigade am Aufbau des Berliner Neubaugebietes Marzahn beteiligt war, bemerkte am Aussehen der Neustadt sofort den Einsatz des Portalkrans. „Deshalb verlaufen die Straßen rechtwinklig“, erklärte der ehemalige Bauarbeiter, der auch Gundermanns Lieder kennt und hier mehr über ihn erfahren hat. Weil Olaf Teßmann festgestellt hat, „Hoyerswerda ist ein Stück gebaute Geschichte“, will er Berliner Bekannten und Freunden empfehlen, doch mal hierher zu fahren.
SCHRIFTSTELLERIN
Reimann-Porträt endlich fertig
Brigitte Reimann wurde durch die Künstler von „art-efx“ mit Sprühfarbe auf eine Burger Häuserwand an der Bahnhofstraße gebannt. Foto: Thomas Skiba
Brigitte Reimann blickt auf die Burger hinunter: Von einem Hausgiebel an der Bahnhofstraße.
Von
Burg l Das Brigitte-Reimann-Porträt ist fertig! Mitarbeiter der Potsdamer Firma „Art-efx“ sprühten am Freitag die letzten fehlenden Farbtupfer an den freiliegenden Giebel des Hauses in der Bahnhofstraße. Passanten, ob zu Fuß oder mit einem Gefährt, ob müßig oder in Eile, sehen schon von Weitem das Bild der Burger Schriftstellerin.
Geburtshaus abgerissen
Das große Konterfei der Reimann, eine der wichtigsten Schriftstellerinnen der DDR, ist nur das Trostpflaster auf der Wunde: Am 13. April 2017 wurde das Geburtshaus der Reimann abgerissen, der Landkreis hielt es aufgrund des schlechten Gebäudeszustandes für nicht mehr stabilisierbar. Es war eine Art Kollateralschaden. Denn ursprünglich sollte nur das baufällige Nachbargebäude abgerissen werden.
Die Einschätzung war damals nicht unumstritten. Einige Stadträte und auch Vertreter der Brigitte-Reimann-Gesellschaft sahen durchaus die Chance für eine Notsicherung. 100.000 Euro hätte die nach Meinung von Stadtrat Dominik Patté gekostet. Geld, das der Kreis nicht ausgeben wollte.
Jetzt nun das überlebensgroße Bild der Reimann an der Hauswand. Hendrik Uterwedde, Projektleiter für das Reimann-Porträt, bringt es auf den Punkt. „Es war ein Prozess“, so Uterwedde, „Die Stadt trat mit der Frage an uns heran, ob wir die Fassade gestalten könnten.“ Das vierköpfige Kreativ-Ensemble um Uterwegge machte sich an die Arbeit, legte mehrere Entwürfe vor: „Der ist es letztendlich geworden.“
Bekannter Künstler
Unbekannt sind die Farbenkünstler von Art-Efx den Burgern nicht. „Wir haben schon öfter Fassaden oder Stromhäuschen verschönert, so etwas die Mauern am Umspannwerk.“ Der gelernte Landschaftsgärtner scharte ein Trupp von Spezialisten um sich: Er selbst malt und gestaltet viel mit natürlichen Werkstoffen, sein Mitstreiter Daniel Siering ist „mehr der Fachmann zum Verbinden von Schönheit und Funktionalität“, und der Dritte im Bunde, Markus Ronge, brachte seine Erfahrungen beim Bemalen von großen Wandflächen ein.
Nach dem Abriss des Reimann-Hauses schien auch das Wandgemälde zunächst unter keinem guten Stern zu stehen. Eigentlich sollte es bereits zur Eröffnung der Landesgartenschau fertig sein und die auswärtigen, auch an Kultur interessierten Besucher, für Burg und seine berühmte Tochter zu begeistern.
Die Stadt wollte sich von ihrer schönsten Seite zeigen. Fördermittel sollten dabei helfen. Der Entwurf lag bereits in der Schublade, der Künstler stand in den Startlöchern. Einzig die Giebelwand stand weiter schmucklos und mit Spuren den umstrittenen Abrisses da. Weder im ersten, noch im zweiten Anlauf waren die Ausschreibungen für das Projekt erfolgreich. Keine Vergabe bei beiden. Woran es lag? Auf eindeutige Gründe wollte sich Burgs Bürgermeister Jörg Rehbaum (SPD) damals nicht festlegen, weil bereits eine dritte Ausschreibung vorbereitet wurde. Das Verfahren sollte nicht gefährdet werden.
Nach mehreren Anläufen hat Burg nun eine sichtbare Erinnerung an Brigitte Reimann. Nachdem die Stadt mit ihrer unkonventionellen Tochter lange gefremdelt hatte, soll in den kommenden Jahren verstärkt mit der Autorin des Romans „Franziska Linkerhand“ für die Stadt und ihre kulturellen Leuchttürme geworben werden.
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Buch der Woche
So jedenfalls schreibt sie in einem Brief an Wolfgang Schreyer. Mit dem Schriftsteller, der zu den erfolgreichsten Autoren der DDR gehörte, verbindet die zeitweise in Hoyerswerda beheimatete Dichterin eine lebenslange Freundschaft. Der innige wie ehrliche Briefwechsel ist zu Brigitte Reimanns 85. Geburtstag im Sommer bei Okapi, „ein scheuer Einzelgänger“ aus dem Aufbau-Verlag, erschienen. Als sie sich Mitte der 50er-Jahre kennenlernen, ist Wolfgang Schreyer bereits ein anerkannter Autor. Und doch ist dieser Briefwechsel ein Austausch auf Augenhöhe, hängen doch beide dem „kritischen Optimismus“ an, wie es Schreyer nennt. So unterschiedlich die beiden auch sind, eine „beunruhigende Neigung zum Denken“ eint sie, lässt sie Dinge entdecken, die zornig oder traurig stimmen und denen sie mit großer Zivilcourage begegnen. Zugleich fabuliert die Schriftstellerin von sinnlichen, duftend glühenden Liebesgeschichten. Diese Intensität, diese Freude am Wagnis, am Reiz des Neuen beeindruckt Schreyer, wobei er auch spürt: „Ihr Hunger macht sie verletzlich, verführbar.“ Für jeden, der Brigitte Reimann noch einmal im Zustand „mittleren Aufgewühltseins“ erleben und auch mehr über ihre tiefgründigen Beziehungen erfahren will, ist dieses Buch ein Muss. Herausgegeben haben es Carsten Gansel und Kristina Stella, die sich schon vielfach mit dem Reimann-Erbe befasst haben. Es gehört zusammen mit den erstmalig veröffentlichten Geschwisterbriefen „Post vom schwarzen Schaf“, herausgegeben im Aufbau-Verlag von den Reimann-Kennerinnen Angela Drescher und Heide Hampel, zu den Perlen des diesjährigen Büchersommers.
„Post vom schwarzen Schaf“:Hier fühlte sie sich geborgen
Im April 1959 fand eine Autorenkonferenz des Mitteldeutschen Verlages im Elektrochemischen Kombinat Bitterfeld statt. Auf der Tagesordnung stand die Suche nach Wegen, Arbeiterklasse und Kunst zusammenzubringen. Im Ergebnis wurde gefordert, Künstler und Schriftsteller mögen in wichtigen Betrieben der DDR eine Arbeit aufnehmen und die Bedingungen kennenlernen, unter denen die Arbeiterklasse produziert. Daneben sollten sie selbige, zum Beispiel in Zirkeln schreibender Arbeiter, bei eigener Kunstproduktion unterstützen. Brigitte Reimann, glühende Verfechterin dieses Projekts, das unter dem Namen „Bitterfelder Weg“ berühmt wurde, zog 1960 mit ihrem zweiten Mann, dem Schriftsteller Siegfried Pitschmann, sozusagen auf dem Bitterfelder Weg gen Hoyerswerda, um im Kombinat Schwarze Pumpe zu arbeiten. Für dessen Arbeiter wurden in Hoyerswerda Wohnhäuser in industrieller Plattenbauweise errichtet. Die Einwohnerzahl vergrößerte sich von 7000 nach dem Zweiten Weltkrieg auf über 70.000 zum Ende der DDR.
Reimanns Hauptwerk, der Fragment gebliebene Roman Franziska Linkerhand, erschien erst 1974, ein Jahr nach ihrem Tod, in gekürzter oder zensierter Fassung, je nachdem, welche Position man hierzu heute vertreten mag. Es war die Zeit, in der viele Künstler eine Schönwetterphase nach dem Machtwechsel von Walter Ulbricht zu Erich Honecker erhofften. Dass Franziska Linkerhand für DDR-Leser ein Kultbuch wurde, ist wahr, ich erinnere mich gut daran. Alle wussten, dass Hoyerswerda Pate gestanden hatte für die Kulisse des Romans. Die Heldin kommt nicht darüber hinweg, sich in ihrem Architektenberuf zur technischen Zeichnerin degradiert zu sehen und ein Konglomerat von Wohnhöhlen ohne urbane Zentren für Leichtigkeit und Lebenssinn zu planen. Andere Figuren weisen Lebensrisse auf, die vom politischen Straf(un)recht verursacht wurden oder auf Vergewaltigungen durch sowjetische Soldaten bei Kriegsende zurückzuführen waren. Hohe Selbstmordraten, exzessiver Konsum von Westfernsehen – all das hatte Reimann in den Roman hineingeschrieben, auch wenn 1974 davon oft nur Andeutungen übrig blieben. Diese wurden aber sehr wohl verstanden. Für die kleinen und sehr karierten Verhältnisse der DDR roch das nach Aufbruch.
Heute wird Brigitte Reimann vor allem mit dem Roman Franziska Linkerhand identifiziert. Jetzt ist ihr Briefwechsel mit ihren Geschwistern Ludwig, Ulrich und Dorothea erschienen, der just 1960 einsetzt, in jenem Jahr, in dem Reimann in ihre Schicksalsstadt Hoyerswerda zog. Dass der Bitterfelder in ihrem Fall auch ein äußerst bitterer Weg bis zu ihrem frühen Krebstod war, wiederum zwei Ehemänner und eine gewaltige Ernüchterung später, kann auch die Post vom schwarzen Schaf belegen.
Die Eltern leben in Burg bei Magdeburg; die älteren drei Kinder sind bereits aus dem Haus, nur Nesthäkchen Dorothea lebt noch daheim. In zuweilen aufgesetzt wirkendem, unbekümmertem Ton, der Banalitäten nicht auslässt – wie sollte er auch im familiären Austausch! –, wird hin und her geschrieben: über Ausbildung, Liebschaften, Mode, die Geburten von Kindern, Versorgungsprobleme, Geldknappheiten. Aber Bruder Ludwig geht im April 1960 mit Frau und neugeborenem Sohn in den Westen – ein Schlag für Brigitte, die glühend verteidigt, was in der DDR geschieht. Der Bruder antwortet ruhig und mit langen Pausen auf ihre Briefe und erklärt ihr, was ihn weggetrieben hat. Brigitte ist verletzt, stellt aber letztlich eine familiäre Loyalität, wie sie auch vom Vater beschworen wird, über die ideologischen Differenzen. Und diese familiäre Loyalität ist es wohl auch, die das Reimannsche Familienkonstrukt glaubhaft macht: Die wenigen beigesteuerten Tagebucheinträge sagen nichts anderes als die Briefe, wenn es darum geht, wie glücklich man zu Weihnachten wieder bei den Eltern gewesen sei und wie schön es doch sei, den Nichten und Neffen zusehen zu können.
Dass Brigitte Reimann exzessiv rauchte, große Mengen Alkohol trank und meist mehr als eine Männergeschichte zu verarbeiten hatte, wird nicht verheimlicht, aber nicht allen Geschwistern in gleicher Deutlichkeit mitgeteilt. Jedoch nehmen alle nahezu gleichermaßen begierig Anteil an ihrem Schreiben, stolz und kritikfähig, lesen jedes erschienene Stück, hören jedes Hörspiel. Spätestens mit dem Beginn ihrer Krankheit um 1968 besticht die große Aufrichtigkeit, Klugheit und Intelligenz, mit der sich die unterdessen nach Neubrandenburg umgezogene Autorin insbesondere mit ihrem nun Hamburger Bruder verständigt: über vergebliche Hoffnungen, verfemte Autoren und die endlich heruntergerissene Maske des Staatswesens DDR. Viele Jahre lang hatte er ihr Bücher und Schallplatten aus dem Westen verschafft, anfangs über die Adresse des Schriftstellerverbandes, um die Hürde der Postkontrolle zu überwinden, – während sie im Gegenzug Klassikerausgaben schickte …
Wenn das Bild stimmt, das die Herausgeberinnen Angela Drescher und Heide Hampel vermitteln, wuchs Brigitte Reimann wie ihre Geschwister in sicheren Bindungen auf. Das verschaffte ihr bei extrem exzessiver Lebensart trotz allem die Möglichkeit, sich bedingungslos familiär aufgehoben zu fühlen.
Inzwischen übersteigt die Zahl der Tagebuch- und Briefausgaben der Brigitte Reimann jene ihrer Bücher und Hörspiele. Ich möchte nicht verschweigen, dass ich beim Lesen der Geschwisterbriefe zuweilen erschrak und mich wie ein Voyeur fühlte. Mein kleines Glück mitFranziska Linkerhand hätte dieser Briefe nämlich nicht bedurft. Jedenfalls liegen meine eigenen ab sofort unter Verschluss.
SZ 23.07.2018
Lebendig wie nur je in Hoyerswerda
Der Kunstverein lud zum 85. Geburtstag der Schriftstellerin Brigitte Reimann in die Begegnungsstätte.
Helene Schmidt las zum 85. Geburtstag von Brigitte Reimann am 21. Juli, dem Sonnabend, in der Hoyerswerdaer Brigitte-Reimann-Begegnungsstätte aus dem soeben erschienenen Briefwechsel Brigitte Reimann – Wolfgang Schreyer, “ Ich möchte so gern ein Held sein“. Die kurzen Auszüge aus der Korrespondenz, überaus klug gewählt und einfühlsam vorgetragen, zeigten die Korrespondenten mit oft verblüffenden Weisheiten und (Selbst-) Erkenntnissen, die klangen, als seien sie soeben fürs Heute geschrieben worden und nicht vor einem halben Jahrhundert.
Der Staat, das bin ich nicht
Quelle: dpa
Am 13. September 1966 schreibt Brigitte Reimann ihrem Bruder Ludwig: „Du warst tüchtig aggressiv und ließest selbst die Toleranz vermissen, die Du von uns forderst. ‚Uns‘ ist nicht ganz richtig: Ich spreche von mir, und Du sprichst mit mir, nicht mit meinem Staat – denn ich besitze nicht die Anmaßung zu sagen: Der Staat, das bin ich.“
Brigitte Reimann wäre heute 85 Jahre alt geworden. Jener Staat, in dem sie 1973 starb, hängt immer noch an ihr und ihrem Werk. Sie bleibt die DDR-Schriftstellerin. Es ist das Schicksal aller, die sich in der DDR am Staat gerieben, „ich“ statt „wir“ gesagt und dabei etwas hinterlassen haben.
Bei ihr sind es ein vollendeter Roman sowie Tagebücher und Erzählungen und vor allem der unvollendete Roman „Franziska Linkerhand“, eines der schönsten Bücher, die für und gegen die DDR geschrieben wurden: Eine junge Architektin geht zur Zeit des Mauerbaus nach Hoyerswerda, das hier Neustadt heißt, möchte den Braunkohlearbeitern eine ideale Welt errichten und stößt an die Grenzen der Idee, auf die sich die Partei beruft. Der ganze Staat sollte später zu einer einzigen Neustadt werden. „Toter als Pompeji“, wie Franziska Linkerhand über die Typenbausiedlungen sagen darf. In der DDR wurde 1974 eine gekürzte Fassung von „Franziska Linkerhand“ publiziert.
Reimann-Nachmittag
SZ online vom 19.07.2018
Reimann-Begegnungsstätte gesichert
Hoyerswerdaer Kunstverein wählt zunächst Interimsführung für 2016
HOYERSWERDA Der Hoyerswerdaer Kunstverein konnte auf seiner Jahresversammlung vorläufig nur einen Interimsvorstand für das neue Geschäftsjahr 2016 bestimmen. Der Programmplan ist dennoch sicher und dicht gestrickt.
Emotionaler und unterhaltsamer Höhepunkt der Mitgliederversammlung war der von Christine Neudeck multimedial aufgearbeitete Rückblick auf das Veranstaltungsjahr 2015.Foto: Mandy Decker
Unsicherheit herrschte während der Vorstandswahl. Weil der Revisionsbericht zum Kassenbericht der Schatzmeisterin fehlte, war die Entlastung des alten und damit die Wahl des neuen Vorstandes laut Vereinsrecht unmöglich, erklärte Wahlleiter Dieter Tempel. Probleme bei der terminlichen Abstimmung hatten zu dieser Situation geführt. Da aber der bisherige Vorstand in seiner personellen Zusammensetzung bestehen bleibt und die Versammlung mehrheitlich ihr Einverständnis erklärte, handele es sich bei der Neuwahl lediglich um eine Formalie. Vereinsvorsitzender Martin Schmidt wurde somit erneut im Amt bestätigt.
Bei allen technischen Problemen schaute der Verein aber auch in gewohnt geselliger Runde auf das Veranstaltungsjahr 2015 zurück. Wieder einmal hatte Christine Neudeck die 65 Lesungen, Konzerte, Gesprächsrunden und Ausflüge mit viel Liebe zum Detail sowie außerordentlichem künstlerischem und medientechnischem Know How zu einer unterhaltsamen Präsentation zusammengestellt. Ganz nebenbei verpackte die Dokumentaristin zwischen den zwölf Kapiteln des Vereinslebens 2015 in kurzen Vorträgen eine kleine Kunde zur Kultur- und Sprachgeschichte der Region. So erfuhren die Zuhörer von dem vollständigen Fehlen jeglichen Nachweises einer Ansiedlung von Menschen in der Altsteinzeit, von Schmuckfunden aus der Bronzezeit, die in der Sprache des Handwerks von der Vergangenheit erzählen, von der Vermischung der Sprachen im Zuge der Wanderungen der Germanen und von aufmüpfigen Hoyerswerdaern, die schon 1540 Predigten in der Sprache Luthers entgegen nahmen. Die multimediale Collage erntete viel Applaus und Anerkennung.
In die Zukunft blicken die Freunde der Künste und Literatur vor allem mit dem guten Gefühl, dass die personelle Besetzung ihrer Reimann-Begegnungsstätte mit zwei festen Stellen aus dem Programm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ bis Ende 2018 abgesichert ist. Dafür dankte Schmidt insbesondere der Stadt für die Fürsprache. Auch haben Förderungen der Stiftung für das sorbische Volk, der Robert-Bosch-Stiftung, der Landeszentrale für politische Bildung und des Kulturraums Oberlausitz-Niederschlesien neben sonstigen Spenden und den Eintrittsgeldern im vergangen Geschäftsjahr für schwarze Zahlen in den Büchern gesorgt. Diese positive Entwicklung gilt mit Blick auf die Aufgabenvielfalt besonders der Reimann-Begegnungsstätte. So sind die Eintrittspreise um einen auf vier Euro für Mitglieder und fünf Euro für Gäste erhöht worden.
Das dafür angebotene Programm für 2016 ist wieder dicht gestrickt. Höhepunkte sind für Martin Schmidt unter anderem die Erinnerung an den Todestag von Brigitte Reimann am 20. Februar, zu der auch die Freundin aus den Kindertagen der Schriftstellerin, Irmchen Weinhofen, erwartet wird, die Lesung der Autorin Marica Bodrozic am 26. Februar, die in ihrem Buch „Mein weißer Frieden“ eine authentische Darstellung vom Untergang Jugoslawiens gezeichnet hat, und die Veranstaltung „Drangsaliert und Dekoriert“ am 23. Juni mit Dr. Horst Böttge, dessen Bruder einst die Heizungs- und Wasserversorgung für die Neubaustädte Hoyerswerda und Weißwasser sicherstellte.
Allein bis zum Juni stehen fast dreißig öffentliche Veranstaltungen im Kalender des Kunstvereins.
Mandy Decker
LR. 22. Juli 2014
Viel Gefühl zum 81. Geburtstag
Wachsendes Interesse an Brigitte Reimann
und ihrer Wahlheimat Hoyerswerda
Hoyerswerda das besondere Gefühl, sich auf den Spuren einer besonderen Autorin zu bewegen, haben Literaturfreunde beim Reimann-Spaziergang am Vorabend ihres 81. Geburtstages erlebt. Mit dabei: der Berliner Journalist Mirko Schwanitz.
Angela Potowski und Mirko Schwanitz am Reimann-Zeichen, der letzten Station des Spaziergangs.
Spuren hat Brigitte Reimann hinterlassen in Hoyerswerda. Mit ihrem Verstand, ihrer Phantasie und ihren Selbstzweifeln, die sich widerspiegeln in ihren Werken. Dass sie selbst deutlich sichtbar wird an zentraler Stelle, dafür sorgen andere. Und so ließ sich Angela Potowski auf jenem Kunstwerk aus Stein und Edelstahl nieder, das die Reimann nie kennengelernt hat und dennoch starker Ausdruck ihres Einflusses auf die Stadt ist: das Reimann-Zeichen. Dort, im Zentralpark, endete am Sonntag, einem Tag vor dem 81. Geburstag der Schriftstellerin, der Reimann-Spaziergang des Kunstvereins. Und Angela Potowski las aus „Franziska Linkerhand“, einfühlsam und emotional wie es wohl die Autorin geliebt hätte.
Das Interesse an Reimann und Hoyerswerda wird weiter wachsen. Davon ist Mirko Schwanitz überzeugt. Der Berliner Journalist, ein Mann vom Deutschlandfunk, will eine Sendung über die Reimann und Hoyerswerda machen. Auf die Autorin ist Schwanitz vor einem Jahr aufmerksam geworden, als er eine Reportage über die Einweihung des Reimann-Zeichens machte. Nun habe er Zeit gefunden, sich näher mit Brigitte Reimann und dem Kunstverein zu befassen, sagt Schwanitz. Er finde es bewundernswert, wenn Menschen aus der Stadt, in der die Reimann acht schaffensreiche Jahre ihres kurzen Lebens verbrachte, ehrenamtlich das Erbe ihrer bedeutenden Mitbürgerin pflegen. Schwanitz erinnert aber auch daran, dass Hoyerswerda immer noch stark über die rechtsradikalen Ausschreitungen von 1991 wahrgenommen werde. Dazu sagt er: „Das hat die Stadt nicht verdient.“ Er plädiert dafür, den Namen Brigitte Reimann noch stärker kulturpolitisch und touristisch zu nutzen. Das könnte helfen, das Bild von Hoyerswerda deutschlandweit zu verbessern.
Wie facettenreich und streitbar die Autorin war, was ihr wichtig war und wofür sie eintrat, brachte Martin Schmidt den Literaturinteressierten näher. Auf dem Weg zwischen Reimanns einstiger Wohnung im WK I und dem finalen Punkt plauderte der Vorsitzende des Kunstvereins über Reimanns Visionen und Wirklichkeit. Sie habe gekämpft für Kommunikationsräume, habe den Bau eines Jugendklubhauses und des „Centrum“-Kaufhauses durchgesetzt. Heute stehe auch das Kultur- und Tagungszentrum Lausitzhalle, für das sie vor ihrem frühen Tod noch vergeblich gestritten hatte, erklärt Schmidt den Gästen.
Stärker noch als alle Erklärungen sind Reimanns eigene Worte. Auszüge aus ihrem Roman „Franziska Linkerhand“ spiegeln Wirklichkeit, ihre Tagebücher wirken ergreifend. Die Spaziergänger aus Schleswig-Holstein, Berlin und Hoyerswerda können Reimann an authentischen Orten noch besser begreifen. Martin Schmidt sieht ein Jahr nach Einweihung des Reimann-Zeichens eine positive Wirkung der Plastik. Sie ziehe Besucher in die Stadt und helfe, dass sich die Einwohner besser mit ihrer einstigen Mitbürgerin Brigitte Reimann identifizieren. Bernd Wolfgang Hawel, der Mann aus Schleswig-Holstein, sieht Ho yerswerda durch die Brille eines Stadtplaners. Er bezeichnet die Stadt als „Museum der Baugeschichte“. An der Stadt könne er die Phasen des Plattenbaus ablesen, sagt der Planer, und ergänzt, vierstöckige Häuser hätten „ein menschliches Maß“. Hawel lobt: „Im sanierten Zustand mit den vielen Bäumen macht die Stadt einen lebenswerten Eindruck und ist zukunftsfähig.“
Zum Thema:
Brigitte Reimann, geboren am 21. Juli 1933 in Burg (bei Magdeburg), wurde 39 Jahre alt. Sie kam 1960 nach Hoyerswerda, wo sie bis 1968 wohnte. Während dieser Jahre arbeitete sie im Kombinat Schwarze Pumpe. Für ihre Erzählung „Die Geschwister“ (1963), die sich mit dem Thema der Flucht in den Westen beschäftigt, erhielt sie den Heinrich-Mann-Preis. Ab 1968 wohnte sie in Neubrandenburg und arbeitete dort an ihrem Hauptwerk „Franziska Linkerhand“. Sie erlag 1973 einem Krebsleiden. Der Beitrag von Mirko Schwanitz über Brigitte Reimann gehört zu einer Reihe im Deutschlandfunk, die vom 17. bis 19. August um 17.30 Uhr in „Kultur heute“ ausgestrahlt werden soll.
Katrin Demczenko
Zeitungsartikel
der Sächsischen Zeitung
über die Veranstaltung des Kunstverein
mit Ibon Zibiaur, dem spanischen
Übersetzer und B. Reimann
Verehrer vom 20.02.2014
*
Hoyerswerdaer Kunstverein e.V.Pressemitteilung
Am 3. Brigitte Reimann Wettbewerb beteiligen sich mehr als 90 junge Leute
Mitte Januar 2014 endete die Frist für die Abgabe der Beiträge zum 3. Brigitte Reimann-Wettbewerb für junge Leute. Dem Hoyerswerdaer Kunstverein liegen derzeit insgesamt 93 Beiträge – 77 bildkünstlerische + 16 Text Arbeiten – vor.
Dem Wettbewerb lag das Motto „Von Tag zu Tag sehne ich mich mehr nach einem Menschen, der mich versteht…“ zugrunde.
Eine Jury aus Fachleuten der bildenden und der literarischen Künste werden die Beiträge sichten, bewerten und die Preisträger ermitteln.
Der Schirmherr Oberbürgermeister Stefan Skora wird die Preise übergeben und die Ausstellung aller Beiträge im LausitzCenter im Mai 2014 eröffnen. Der Wettbewerb wird vom Hoyerswerdaer Kunstverein getragen, von der Stadt Hoyerswerda und dem Landkreis Bautzen gefördert.
Martin Schmidt
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Besuch in Lichterfeld beim Bildhauer Thomas Reimann
Aus der Lausitzer Rundschau vom 04.04.2013
Lichterfeld-Link anklicken – bitte Geduld der Artikel wird vom Acrobat Reader geladen
Lichterfeld
Spende der Wohnungsgesellschaft über 30 000 €
für das Reimann Zeichen
Die Brigitte-Reimann-Begegnungsstätte lädt nach Hoyerswerda ein
v. l. Jens Ebert, Monika Ebert, Mandy Decker und Horst Dieter Brähmig OB aD
„Ein Blick ins Buch und zwei ins Leben,…“, heißt es in einem Sprichwort. Nach diesem Motto arbeiten seit 2006 die Mitarbeiter der Brigitte-Reimann-Begegnungsstätte. Sie sammeln alle von Brigitte Reimann geschriebenen Bücher und Briefe sowie Zeitungsausschnitte von ihr und über sie. Als besondere Aufgabe tragen sie die 1700 Bücher umfassende Bibliothek der Autorin zusammen, die die Gedankenwelt der 1950er und 1960er Jahre nachbildet. In der Einrichtung, die vom Hoyerswerdaer Kunstverein geschaffen wurde und betrieben wird, sind auch viele Unterlagen zur baulichen Entwicklung der Stadt zu finden. Diese zu sammeln liegt nahe, weil Brigitte Reimann in ihren acht Hoyerswerdaer Jahren immer engen Kontakt zur Aufbauleitung von Hoyerswerda-Neustadt hatte. Sie stritt um den Bau einer menschengerechten Stadt, in der die Kommunikation ihren Raum bekommt und schrieb in diesem Sinne ihren Roman „Franziska Linkerhand“.
Alle gesammelten Unterlagen stehen Interessenten aus Deutschland, Europa und der Welt zur Verfügung, die das Hoyerswerda der Brigitte Reimann entdecken wollen. Studenten und gestandene Wissenschaftler der Germanistik, Philosophie und Architektur haben das Angebot schon reichlich für ihre Studien genutzt. Auch Schriftsteller, Schülergruppen und Urlauber kommen und bestätigen anschließend im Gästebuch, dass es ihnen gefallen hat. Besondere Besucher, die seit der Eröffnung der Begegnungsstätte deren Arbeit unterstützen, sind Irmgard Weinhofen, die langjährige Freundin von Brigitte Reimann, und die Geschwister der Autorin. Spontan meldeten sich bei Martin Schmidt, dem Vorsitzenden des Kunstvereins, die Kinder von Siegfried Pitschmann, dem Mann von Brigitte Reimann. Sie schenkten der Einrichtung Ende letzten Jahres den Original-Schreibtisch ihres 2002 verstorbenen Vaters.
Wer nun die Begegnungsstätte kennenlernen möchte, hat dazu am 16. März ab 10 Uhr Gelegenheit. Er findet in der Brigitte-Reimann-Straße 8 eine Wohnung vor, die in Grundriss und Einrichtung der Wohnung entspricht, die das Schriftsteller-Ehepaar Reimann/Pitschmann nutzte. Zeitzeugen, die die 1960er Jahre in Hoyerswerda miterlebten, stehen dort zum Gespräch zur Verfügung. Ziel aller Aktivitäten ist es, die neuere Geschichte von Hoyerswerda zu bewahren und das Erbe von Brigitte Reimann in die Zukunft tragen, sagt Martin Schmidt.
Katrin Demczenko
BU: Der Architekt Jens Ebert, der die Lausitzhalle erbaute, ist in der Begegnungsstätte mit seiner Frau und dem ehemaligen Hoyerswerdaer Oberbürgermeister Horst-Dieter Brähmig im Gespräch.
SZ 14.03.2012
Brigitte-Reimann-Spaziergang stellt Hoyerswerda positiv dar
Der Hoyerswerdaer Kunstverein ist ohne die Würdigung der Autorin Brigitte Reimann nicht denkbar. Schon seit den 1970er Jahren organisierten seine Mitglieder immer wieder Lesungen und thematisierten dabei die Auseinandersetzung der Schriftstellerin mit der Entwicklung der Stadt. Außerdem bekamen schon immer Freunde und Gäste des Kunstvereins bei ihren Besuchen die aktuellen Veränderungen in Hoyerswerda gezeigt. So begann schon früh das, was seit zehn Jahren als Brigitte-Reimann-Spaziergang einen festen Platz im touristischen Angebot der Stadt hat.
Der Anstoß aber, einen Spazierweg an alle Orte zusammenzustellen, die Brigitte Reimann in ihrer Literatur beschrieb, stammt aus Bautzen. „Dort gab es einen solchen Spaziergang an Plätzen vorbei, die eine Malerin gezeichnet hatte“, erzählte Martin Schmidt, der Vorsitzende des Kunstvereins. Nun war die Idee da und die umfangreiche Vorarbeit begann. Die fleißigen Kunstvereinsmitglieder durchsuchten alle Romane, Geschichten, Tagebücher und Briefe von Brigitte Reimann nach Textstellen, in denen sie „ihr“ Hoyerswerda beschrieben und reflektiert hat. Einige wurden für den Spaziergang ausgewählt.
2002, zu Brigitte Reimanns Geburtstag, fand dann der erste statt. „Mit 75 Gästen“, wie sich Martin Schmidt erinnerte. Und bis heute waren 115 Mal Besucher aus Deutschland, Europa und der Welt auf den Spuren der Autorin unterwegs. Der niederländische Architektur-Professor Dr. Ed Taverne, der Sohn von Siegfried Pitschmann, Germanistik-Studenten aus Italien und Frankreich aber auch Urlauber gehörten dazu. Dabei findet die Führung statt, egal wie viele Menschen kommen. „Wir führen jeden und jeder ist uns gleich lieb“, sagte Helene Schmidt. Sie und Deutschlehrerin Angela Potowski lesen an den Weg-Stationen Reimann-Texte, während Martin Schmidt reale Geschichten von Brigitte Reimann und der Stadt Hoyerswerda erzählt und die Vergangenheit mit der Gegenwart verknüpft. Wenn sie die Gäste damit begeistern und zum interessierten Fragen anregen können, haben sie ihr Ziel erreicht. „Dann entstehen Gespräche, die die Führung schnell mal auf über drei Stunden ausdehnen“, sagte Angela Potowski,. „aber das ist es wert“.
An zwei Führungen erinnern sich die drei besonders gern. 2009 waren 120 Teilnehmer der Winterakademie Schmochtitz auf dem Reimann-Spaziergang unterwegs und mussten in Gruppen von Brigitte Reimanns Wohnhaus durch die Begegnungsstätte und zur Gaststätte „Glück Auf“ geschleust werden. „Das erforderte einiges an logistischem Geschick, aber wir haben das gemeistert“, erzählte Angela Potowski. Martin Schmidt ergänzte, dass 2004 der Intendant des Theaters Senftenberg, Sewan Latchinian, mit seiner Schauspieltruppe und dem Musiktrio „Wallahalla“ den Reimann-Spaziergang absolvierte. Damals studierten sie gerade das Bühnenstück „Franziska Linkerhand“ ein. Der Aufenthalt an den Originalplätzen half den Schauspielern, ihre Rollen zu verinnerlichen und die Musiker sagten laut Martin Schmidt nach der Führung: „Wir haben hier erst gesehen, welche Musik wir spielen müssen. Jazz und Lipsi sind das Richtige.“ Auf diesem Spaziergang hatte auch Sewan Latchinian angeregt, die Brigitte-Reimann-Begegnungsstätte zu schaffen. „Denn nur Hoyerswerda hat noch einen authentischen Ort dafür“, zitierte Martin Schmidt den Intendanten.
Wer immer nun auf Brigitte Reimanns Spuren Hoyerswerda und seine Menschen entdecken will, hat am 24. März um 10 Uhr die Gelegenheit dazu.
Katrin Demczenko
BU: Die drei Dichterinnen Waltraut Skoddow (links), dei Meißner SchriftstellerinDichterin Gundula Sell (mitte) und Birgit Richter (rechts) waren vor einigen Tagen beim Kunstverein zum Gespräch am Kamin eingeladen.
am 08. März 2012